Reise nach Apulien
Von Reinhild Moll
Die Touristensaison ist zwar vorüber, aber 118 Berliner Sonnenhungrige bevölkern vom 15.-23. Oktober 2016 mühelos das Ferienhotel am langen Sandstrand südlich von Bari in Apulien. Und es wird zwar viel und hart gearbeitet unter der bewährten Leitung von Sabine Wüsthoff, aber dennoch bleibt Zeit, um reichlich Kultur, Landschaft und Badefreuden in der20 Grad warmen Adria zu genießen.
Platz zum Üben ist vorhanden, nur mit der Ruhe haperts am Anfang. Weil das Hotel unseren Probensaal am ersten Tag für eine Familienfeier vergeben hat, müssen wir in den darüber liegenden Speisesaal ausweichen und werden einen ganzen Nachmittag lang kräftig beschallt. Laute Discomusik zehrt besonders an den Nerven von Sabine und Solisten.
Doch die Freundlichkeit und Umsicht des Hotelpersonals macht diese anfänglichen Mängel schnell wieder wett. Köche und Kellner sind, so scheint es, rund um die Uhr für uns im Einsatz, alle Kinder- und sonstigen Sonderwünsche beim Essen werden berücksichtigt, und manch einer vom Personal lauscht auch mal beim Proben. Dem Oberkellner Benjamino hat es unsere Musik besonders angetan, er verehrt unserer Dirigentin hin und wieder ein paar poetisch-philosophische Zeilen aus eigener Feder, natürlich in Italienisch. Und er fährt eigens ins 50 km entfernte Bari, um sich am Ende der Woche das fertige Produkt unserer Arbeit – Händels „Judas Makkabäus“ – in der Basilika des Heiligen Nikolaus anzuhören.
Auch für uns ist dieses Konzert in der großen und schönen, 900 Jahre alten Kirche der Höhepunkt der Woche, nachdem wir doch schon einige touristische Highlights erlebt haben:
- Da war das rätselhafte, weiße Castel del Monte des Stauffer-Kaisers Friedrich II., das sich weithin sichtbar über die Ebene erhebt;
- oder Matera, die künftige Kulturhauptstadt Europas (2019) mit ihren uralten, in Fels gehauenen Wohnungen;
- das Städtchen Alberobello mit seiner Vielzahl von Trulli, jenen fensterlosen Rundbauten mit den kegelförmigen, steinernen Dächern;
- die „weiße Stadt“ Ostuni auf dem Hügel, die mit ihren gekalkten Häusern der Altstadt an Griechenland erinnert;
- das Hafenstädtchen Monopoli mit seinen engen Altstadtgassen und den vielen Kirchen;
- die nahrhafteTour in eine nahegelegene Ölmühle für Gourmets;
- und dazwischen die endlosen Olivenplantagen, Weingärten und Gemüsefelder dieser fruchtbaren Ebene.
Alle Ausflüge mit großen und kleinen Bussen sind vom Organisationsteam der Kantorei bestens vorbereitet und zeitlich passend zwischen die Proben platziert. So verbreitet sich nicht nur bei mitreisenden Kindern und Angehörigen, auch bei uns Mitwirkenden richtige Ferienstimmung.
Und als schließlich Händels Schlachtengemälde von Judas Makkabäus in der voll besetzten Kirche San Nicola erklingt, sind alle glücklich. Auch unser alter Oberkellner, der beim anschließenden Empfang im Hotel um Mitternacht wieder seinen Pflichten nachkommt – etwa beim Servieren einer riesigen Festtorte, auf der in Zuckerguss ein Foto der Grunewald-Kantorei prangt!
Danke an alle, die diese Reise zum Ereignis gemacht haben: Dirigentin, Chorleiter, OrganisatorInnen, SolistInnen, MusikerInnen und nicht zuletzt Sänger und Sängerinnen!
Für und mit den Daheimgebliebenen wird das Konzert am 12. November in der Grunewaldkirche noch einmal gegeben – dann aber unter der Stabführung des „Hausherrn“ Günther Brick.